klimawandel

Die Umweltstiftung Global Nature Fund kritisiert das am 22. März in Istanbul zu Ende gegangene Weltwasserforum

Eine weitere Chance verpasst

Radolfzell (ots) - Seit 1997 treffen sich alle drei Jahre Tausende von Experten aus fast 200 Ländern, um die immer größer werdenden Wasserprobleme unserer Menschheit zu lösen. Obwohl immer wieder unterstrichen wird, dass das "blaue Gold" immer knapper wird und schon jetzt mehr als eine Milliarde Menschen kein sauberes Trinkwasser haben, ist es den Regierungsvertretern auch dieses Mal nicht gelungen, sich darauf zu einigen, Wasser zu einem Grundrecht zu erklären. Die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser ist in großer Gefahr, warnten deshalb auch die UNESCO und UNEP in aktuellen Berichten. Der Wasserkonsum steigt doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung, da Landwirtschaft, Industrie und Energieerzeugung immer größere Begehrlichkeiten anmelden. Durch Bevölkerungswachstum, Klimawandel, immer mehr Staudämme und unverantwortliche Bewässerungstechniken droht eine weltweite Wasserkrise.

Das Weltwasserforum erweckt den Eindruck, eine neutrale Instanz zum Schutz des Wassers zu sein. Der veranstaltende Weltwasserrat (World Water Council) ist jedoch ein privat organisisierter Verband mit vielen Vertreten der Industrie, dem es eher darum geht, wie man Wasser zu Geld machen kann. Vor diesem Hintergrund legt der Weltwasserrat auch wenig Wert auf die Teilnahme von Umwelt- und Naturschutzverbänden. Unter den 27.000 Teilnehmern fanden sich nur vereinzelte Umweltschützer, die auf eigene Kosten angereist waren. Kritische Stimmen waren beim Wasserforum in der Türkei ohnehin nicht gerne gesehen. Gerade die Türkei ist ein Beispiel für den Bau von immer mehr und immer größeren Staudämmen. Über 600 Dämme gibt es in der Türkei bereits und mindestens 500 weitere, darunter der äußerst umstrittene Ilisu-Staudamm am Tigris, sind in Planung.

Udo Gattenlöhner, Geschäftsführer der Umweltstiftung Global Nature Fund, zeigte sich deshalb auch nicht sehr erstaunt, als ein massiver Ausbau von Zuckerrohr im brasilianischen Matto-Grosso Gebiet von einem Forumsteilnehmer als Lösung für Wasser- und Energieprobleme präsentiert wurde. Das im Matto-Grosso liegende Pantanal gilt als größtes und artenreichstes Feuchtgebiet der Erde. Schon jetzt steht das UNESCO Welterbe-Gebiet unter massivem Druck durch Sojaanbau und Holzeinschlag. Ein Ausbau des bewässerungsintensiven Zuckerrohranbaus würde nicht nur das Wasserregime des sensiblen Gebietes gefährden, sondern könnte durch Agrargifte und Dünger den sogenannten "Garten Eden Südamerikas" dauerhaft zerstören.

"Auf dem Forum werden immer noch technische Großprojekte zur Lösung der Wasserkrise angepriesen", so Gattenlöhner. "Kritische Stimmen sind sehr leise oder werden unterdrückt." Die friedlichen Demonstrationen von Staudammkritikern am ersten Veranstaltungstag wurden auch sofort von der Polizei mit Wasserwerfern gestoppt. Die deutsche Aktivitstin Ann-Kathrin Schneider vom internationalen Flussnetzwerk International Rivers, die in der Auftaktveranstaltung mit einem Banner mit der Aufschrift "Keine Risikodämme" auf die Probleme von Staudämmen hingewiesen hatte, wurde sofort verhaftet und am nächsten Tag ausgewiesen. Und auch UNICEF zog einen kritischen Beitrag zum Staudammbau wieder zurück.

Der Global Nature Fund nutzte das Weltwasserforum, um gemeinsam mit dem WWF (World Wide Fund for Nature) und weiteren Partnern die internationale Wasser-Konvention der UN zu bewerben. Ein wirkungsvoller Schutz internationaler Fließgewässer durch alle Anrainerstaaten würde auch für den internationalen Seenschutz einen großen Schritt nach vorne bedeuten. Das Übereinkommen über die Nutzung und den Schutz internationaler Fließgewässer wurde im Mai 1997 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Es ist jedoch bis heute noch nicht in Kraft getreten, da erst 16 der mindestens erforderlichen 35 Mitgliedsstaaten die Konvention unterzeichnet haben. Der GNF wird sein internationales Netzwerk Living Lakes nutzen, um weitere Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen aufzufordern, die Konvention zu unterzeichnen. Viele Living Lakes Partnerorganisationen wie die Bodensee-Stiftung haben ihre Unterstützung bereits zugesagt. Zwar hat Deutschland die Konvention bereits ratifiziert, die Schweiz und Österreich fehlen jedoch noch auf der Liste der unterzeichnenden Staaten.

Schon lange fordern Umwelt- und Hilfsorganisationen ein gesetzliches Grundrecht auf Wasser. Der GNF kritisiert, dass schon beim letzten Forum vor drei Jahren in Mexiko deutlich wurde, dass die Probleme immer dramatischer werden und ein Grundrecht auf Wasser dringend notwendig ist. Dies wurde jedoch auch in der offiziellen Abschlussdeklaration des Weltwasserforums in Istanbul wieder nicht ausgesprochen, obwohl sich Vertreter des Europarats und verschiedener lateinamerikanischer Staaten sowie der französische Umweltminister Jean-Louis Borloo stark für die Festlegung von Wasser als Menschenrecht eingesetzt hatten. Solange der Weltwasserrat Kritiker und Umweltverbände nicht stärker in das Weltwasserforum und die Diskussionen einbezieht, werden lediglich Unternehmen eine Erfolgsbilanz des Forums ziehen und kritische Stimmen ungehört bleiben.