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Weltgesundheitstag: Das Gehirn hungert mit - schon im Mutterleib

World Vision fordert weltweiten Mutterschutz und verstärkte Kleinkindförderung

Friedrichsdorf, 3. April 2009 (ots) - Das abgemagerte, vor Hunger schreiende Kind wird wahrgenommen und ist Synonym für unhaltbare Zustände. Ein für sein Alter zu klein geratenes, wenig aktives Kind wird dagegen leicht übersehen. Nur ein geschultes Auge erkennt in diesem Kind ein Opfer chronischer Mangelernährung. Die Folge: Weltweit sind 178 Millionen Kinder unter 5 Jahren in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung beeinträchtigt. Diese Kinder haben später oft Probleme in der Schule und daraus folgend auch schlechte Berufsaussichten. Zum Weltgesundheitstag fordert die Kinderhilfsorganisation World Vision daher, mehr in den weltweiten Mutterschutz und die Gesundheitsvorsorge von Schwangern zu investieren, um die Kindersterblichkeit zu halbieren und Mangel- und Unterernährung bei Babys und Kleinstkindern zu reduzieren.

"Nährstoff-Defizite muss man früh erkennen und in bestimmten Lebensphasen sofort behandeln, da sie sonst irreparable Funktionsstörungen und Folgekrankheiten herbeiführen", erklärt Juliane Friedrich, Ernährungswissenschaftlerin und Beraterin für Ernährungsprogramme bei World Vision Deutschland. Schwangere Frauen und Kleinkinder, aber auch kranke Kinder, erhielten oft nicht die für Organe, Muskeln und Gewebe nötigen Vitamine und Mineralstoffe. "Die aktuelle Hirnforschung belegt, was wir schon lange ahnten: Das Gehirn hungert mit - schon im Mutterleib - und bleibt unterentwickelt, wenn Kinder in den ersten 24 Monaten nicht richtig ernährt werden oder zu oft durch Krankheiten Nährstoffe verlieren. Andere Studien ergänzen dieses Bild um Daten zur Produktivität, aus denen wir schließen können, dass Mangelernährung letztlich zu Mangelwirtschaft führt."

Dank vielfältiger Aufklärungsmedien und flächendeckender Gesundheitsfürsorge ist chronische Mangel- und Unterernährung bei Kindern in Deutschland die Ausnahme, bei nachlassender Wachsamkeit, wachsender Armut und Zunahme von Drogenproblemen oder Vernachlässigung allerdings ein reales Risiko für tausende Kinder. Krankenhäuser sind bereits jetzt alarmiert über den hohen Anteil untergewichtiger Kinder bei behinderten und chronisch kranken Patienten sowie bei alten Menschen. Laut einer Studie von Cepton Strategies von 2007 verursacht das Problem im deutschen Gesundheitssystem zusätzliche Kosten in Höhe von rund neun Milliarden Euro.

"Viel dramatischer sind die Kosten aber gerade in den armen Ländern", so Juliane Friedrich. In Ost- und Zentralafrika sind bis zu 50 Prozent der Kinder unter fünf Jahren betroffen. Der größte Anteil der 178 Millionen chronisch unterernährten Kinder lebt allerdings in Südasien, davon über 30 Millionen Kinder allein in Indien. "Das größte Risiko besteht dort, wo Frauen kurz nacheinander viele Kinder bekommen und bis zum Tag der Geburt arbeiten müssen, wo sie keine professionelle Hilfe während und nach der Geburt erhalten, wo das Familieneinkommen niedrig ist und die Familie nur ein- bis zweimal am Tag mit allen Kindern aus einem Topf isst, was gerade vorhanden ist", so Juliane Friedrich. Säuglinge und Kleinkinder bekämen dadurch zu wenig ab und oft keine nährstoffreiche Beikost zur Muttermilch. Vorbeugung müsse deshalb beim Mutterschutz ansetzen und Ernährungsgewohnheiten beeinflussen.

World Vision fördert und fordert international eine Strategie mit drei Eckpunkten: eine deutlich höhere Priorität für Mutter-Kind-Gesundheit in der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere für Familienplanung, Geburtshilfe und Ernährungsberatung, einen verbesserten Mutterschutz in der Arbeitswelt sowie die Ausbildung von Multiplikatoren für eine direkte Kommunikation im familiären Umfeld.