klimawandel

25.09.2008: CO2-Grenzwerte: EP-Umweltausschuss verhindert vorerst Totaldurchmarsch der Autolobby

Berlin (ots) - 25.09.2008 - 16:07 Uhr, Deutsche Umwelthilfe e.V. - Umweltausschuss des EU-Parlaments besteht auf Emissionsgrenzwert für Pkw von 130 g CO2/km ab 2012 - nach den von den Autoherstellern diktierten Beschlüssen des Industrieausschusses unterstützen die EU-Umweltparlamentarier im Wesentlichen den Vorschlag der Kommission - Niederlage für Umweltminister Gabriel, der zeitgleich für dreijährige Schonfrist plädiert

Berlin, 25. September 2008: Trotz des enormen Drucks von Seiten der Automobilhersteller und der Herstellerländer hat das Europäische Parlament bei der heutigen (Donnerstag) Abstimmung im federführenden Umweltausschuss den Kommissionsvorschlag überraschend nicht weiter abgeschwächt. In namentlicher Abstimmung stimmte eine klare Mehrheit der Abgeordneten für die Beibehaltung zentraler Elemente des Vorschlags der Kommission. Ergebnis: Der Grenzwert für Neufahrzeuge soll mit einem Durchschnittswert von 130 g CO2/km ab 2012 in Kraft treten. Nach erfolgreicher Lobbyarbeit der Autobranche hatte sich der Industrieausschuss für eine faktische Verschiebung des Inkrafttretens um drei Jahre auf 2015 ausgesprochen, entsprechend einer Vorabstimmung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bei einem Spitzentreffen im Januar diesen Jahres. Noch am Vormittag hatte sich auch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin öffentlich vehement für eine dreijährige Verzögerung der Grenzwerteinführung eingesetzt und dabei die Umweltverbände scharf angegriffen. Die Höhe der Strafzahlungen hat der Umweltausschuss gemäß der Kommissionsvorlage bestätigt. Auch die von deutschen Parlamentariern intensiv betriebenen Sonderregelungen für deutsche "Premiumhersteller" wie Porsche wurden nicht akzeptiert. Der Beschluss wird in Brüssel als klare Niederlage der deutschen Lobbyinteressen gewertet.

Wie von Industrieseite gewünscht, wird es allerdings für so genannte Eco-Innovations Ermäßigungen bei der Ermittlung der CO2-Emissionen der Fahrzeuge geben. "Die Anrechnung von Eco-Innovations bedeutet eine Irreführung der Verbraucher. Es ist nicht akzeptabel, dass Maßnahmen, deren Effekt mehr als fragwürdig ist und die nicht in den Messzyklus eingebunden sind, auf den Spritverbrauch angerechnet werden. Der Verbraucher wird damit systematisch getäuscht", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

"Die Abgeordneten haben die schlimmsten Verzerrungen, die sich im Votum des Industrieausschusses widergespiegelt haben, zurückgewiesen. Dennoch bleibt auch die Abstimmung des Umweltausschusses hinter dem ursprünglichen Vorschlag von Umweltkommissar Stavros Dimas von 120 g CO2/km ab 2012 zurück", erklärte Resch. Die Abgeordneten wiesen mit ihrer Abstimmung einen Kompromissvorschlag des Berichterstatters Sacconi zurück, der in den vergangenen Tagen bekannt geworden war und der mit seinen Änderungen den Kommissionsvorschlag zum Teil noch stärker abgeschwächt hätte als die Beschlüsse des Industrieausschusses. Offenbar hatte dieses Papier die Abgeordneten wachgerüttelt. "Die deutschen Autobauer sollten die Botschaft der EU-Umweltparlamentarier richtig interpretieren und endlich mit der Entwicklung von spritfressenden Fahrzeugen aufhören. Eine verbindliche Regelung ab 2012 war seit Jahren vereinbart und erst durch die bewusste Nicht-Einhaltung der Selbstverpflichtung der Industrie notwendig geworden. Das kann bei den Herstellern niemanden überraschen."

In den nächsten Schritten werden das Plenum des EU-Parlaments und der Rat der Umweltminister der Mitgliedstaaten über die Regulierung beraten. "Jetzt kommt es darauf an, dass Bundeskanzlerin und Bundesumweltminister das Votum des Umweltausschusses respektieren. Immerhin werden sie im Herbst bei der Weltklimakonferenz in Posnan auf internationaler Bühne wiederum für verstärkte Klimaschutzbemühungen werben wollen. Das wird umso unglaubwürdiger, je deutlicher sie in Brüssel als Sachwalter eines engstirnigen Industrienationalismus auftreten", appellierte Resch.